Ausnahmezustand Feuerwerk


Wir verzichten auf Medikamente wie Xanax.
Zweimal im Jahr durchleben Haus- und Wildtiere in der Schweiz einen Ausnahmezustand namens Feuerwerk. Hunden und Katzen helfen die vertraute Umgebung des Zuhauses und die Gegenwart ihres Menschen, das angsteinflössende Chaos aus Licht und Lärm zu ertragen. Aber was ist mit den Tieren im Tierheim? Das Tierheim Pfötli der Stiftung Tierrettungsdienst setzt auf bewährte, intensive Vor- und Nachsorge.
Die Zeit vor, während und nach einem Feuerwerk ist für den Rettungsdienst und das Tierheim der Stiftung Tierrettungsdienst eine besonders intensive Phase. «In Form von Rettungsfahrten, Anfragen und Beratungen im Zusammenhang mit einem Feuerwerk sind wir jeweils rund vier Tage mit dem Thema beschäftigt», erklärt Claus Feurstein, stellvertretender Abteilungsleiter Tierrettung. Vom 31. Juli bis 3. August dieses Jahres habe das Einsatzleitsystem 238 Fälle erfasst – eine Zahl, die in etwa den beiden vergangenen Jahren entspricht. «Bei den Rettungseinsätzen geht es vor allem um Katzen, die vermisst werden, weil sie sich im Freien irgendwo verkrochen haben. Und um Hunde, die durch das Knallen in Panik geraten und bei erster Gelegenheit aus dem Haus flüchten.».
Es fehlt der eine Mensch
Anders als für die Rettung war das Feuerwerk bereits vor und auch noch nach dem 1. August für das Pflegeteam ein Thema. Es galt, 139 Tiere so stressfrei wie möglich durch das Getöse des Nationalfeiertages zu bringen.
«So aufmerksam wir auch auf die individuellen Bedürfnisse unserer Schützlinge eingehen – ein Tierheim ist nie ein Wohlfühlzuhause», erklärt Katrin Hauser, Verantwortliche Hundewesen. Bei den Hunden liege das vor allem am Fehlen einer festen Bezugsperson, die in belastenden Situationen unterstützen kann. Und diese Unterstützung bräuchten alle Hunde: «Hunde, die keinerlei Angst vor Feuerwerk haben, sind die absolute Ausnahme. Unruhig sind erfahrungsgemäss alle», betont Hauser. Deshalb bereite das Hundeteam seine Schützlinge mit einer Palette unterschiedlicher Massnahmen so gut und wirksam wie möglich auf die Herausforderung Feuerwerk vor – und sorge danach dafür, dass sich die Hunde schnell erholen können. Auf Arzneimittel wie Xanax verzichte man bewusst: «In den letzten vier Jahren waren wir nicht auf Medikamente angewiesen.»
Musik gegen den Knall
Auch für die Katzen setzt das Pfötli bei Bedarf nicht auf Chemie, sondern auf natürliche Mittel. «Katzen leiden meist sehr während eines Feuerwerks», weiss Julia Stüdli. Sie gehört zu einem Team, das die Tierheimtiere auch medizinisch betreut. Im eigenen Zuhause würden sich Katzen unter Bett, Sofa oder im Badezimmer verkriechen. «Unsere Katzen haben grundsätzlich und jederzeit in ihren Zimmern ausreichend Rückzugsmöglichkeiten in Form von Höhlen oder Boxen, die mit Tüchern abgedeckt sind», erklärt Stüdli. Zudem befänden sich die Katzenbereiche glücklicherweise vom Wohnquartier abgewandt, sodass der Lärm nicht direkt durch die Fenster dringe. «Vor allem aber sorgen wir mit relativ laut eingestellten Radios zusätzlich dafür, dass unsere Katzen vom Lärm kaum etwas mitbekommen.» Diese Massnahmen hätten auch dieses Jahr ausgereicht, alle Katzenschützlinge vor grösserem Stress zu bewahren und gut durch die Nacht zu bringen.
Am Tag danach nicht vorbei
Auf die beruhigende Nähe eines vertrauten Menschen müssen jedoch auch die Katzen verzichten. «Das kann ein Tierheim schlicht nicht leisten», sagt Therese Beutler, stellvertretende Abteilungsleiterin Tierheim. Zwangsläufig seien die Tiere immer wieder auf sich selbst gestellt – wobei menschliche Gesellschaft auch nicht bei allen Tieren entspannend wirke. «Umso wichtiger ist es, im Vorfeld dafür zu sorgen, dass unsere Schützlinge gut durch die Ausnahmesituation Feuerwerk kommen. Und am Tag danach genau zu beobachten, ob ein Tier Unterstützung bei der Erholung vom Feuerwerksstress benötigt.»
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